Gastprofessorin am Fachbereich Rechtswissenschaft
Frau Dr. Ingrid Leijten ist im Sommersemester 2019 Gastprofessorin an der FAU am Fachbereich Rechtswissenschaft. Sie ist als Assistant Professor an der Universität in Leiden, Niederlanden, tätig.
Die Gastprofessur ist eine Maßnahme aus den Zielvereinbarungen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft, die zwischen der Universitätsleitung und der Fakultät abgeschlossen wurde.
Mehr Informationen zu den Zielvereinbarungen sowie zur Gastprofessur finden Sie hier und hier.
Frau Dr. Leijten, Sie sind im Sommersemester Gastprofessorin an der FAU. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung?
In meiner Forschung beschäftige ich mich mit Grund- und Menschenrechtsschutz auf sowohl internationaler als auch nationaler Ebene. Dabei geht es mir hauptsächlich um soziale Grundrechte, wie das Recht auf Wohnen und auf Soziale Sicherheit. Man sieht zum Beispiel immer mehr, dass Grundrechte herangezogen werden, um sozialen Schutz zu leisten. Ein für Deutschland bekanntes Beispiel wäre das Recht auf ein Existenzminimum, welches das Bundesverfassungsgericht aus der Menschenwürde abgeleitet hat. Momentan ist aber auch die Entwicklung spannend, dass Klima- und Umweltschutz zunehmend als grundrechtliche Themen verstanden werden. In den Niederlanden wurde vor ein paar Monaten geurteilt, dass der Staat zu wenig für den Klimaschutz unternimmt und dies eine Verletzung individueller Menschrechte sei.
Was interessiert Sie an diesem Themenbereich besonders?
Es ist spannend, dass Grund- und Menschenrechte einen besonderen Status haben. Und die Frage ist, wie sich diese Rechte zu anderen Rechten verhalten. Auch finde ich es interessant zu untersuchen, wie ein Gericht entscheidet, wenn einerseits ein Grundrecht im Spiel ist und andererseits allgemeine Staatsziele. Und gleichzeitig ist es natürlich auch ein sehr gesellschaftsrelevantes Thema. Gerade der Klimaschutz wäre hier wieder ein treffendes Beispiel.
Klimaschutz ist derzeit ein sehr zentrales Thema, über das überall gesprochen und berichtet wird. Ist dies ein Thema, das Sie weiter angehen möchten?
Unbedingt. Ich habe mich bisher vor allem mit dem Zusammenhang zwischen bürgerlichen und politischen Rechten und sozialrechtlichem Schutz beschäftigt. In der Zukunft möchte ich tatsächlich etwas mehr den Zusammenhang zwischen sozialen Grund- und Menschenrechten und Klimaschutz erforschen, beispielsweise inwiefern das Recht auf Gesundheit auch ein individuelles Recht auf Klimaschutz vermittelt.
Sie haben Jura und Politikwissenschaften studiert. Danach haben Sie eine wissenschaftliche Karriere eingeschlagen. Wieso haben Sie sich für diesen Weg entschieden?
An der Wissenschaft begeistert mich die Möglichkeit, den Dingen auf den Grund zu gehen. Ich finde es großartig, die Ergebnisse meiner Forschung anderen mitzuteilen und so einen Beitrag für den internationalen Diskurs und die gesamtgesellschaftliche Entwicklung leisten zu können. Die Wissenschaft verlangt zwar eine gewisse Flexibilität, aber sie gibt sie auch. Zum Beispiel, was den zeitlichen und räumlichen Aspekt betrifft. Aber vor allem auch inhaltlich. Ich kann zum Teil selbst entscheiden, worüber ich forschen und schreiben möchte. Und auch die Lehre macht mir viel Spaß. In Leiden haben wir jedes Jahr 1100 neue Studierende in der Rechtswissenschaft. Der Unterricht ist unglaublich wichtig und erfüllend, wenn man nicht nur vor dem Computer sitzen möchte. Und zuletzt natürlich der Austausch mit anderen Wissenschaftlern und Praktikern, auch auf internationalen Tagungen und Konferenzen. Für mich ist es einfach ein Luxus, in einem Bereich arbeiten zu können, in dem ich mit Leuten über Themen diskutieren kann, mit denen ich mich momentan beschäftige. Ich sehe das Ganze als großes Privileg an.
Was raten Sie jungen Nachwuchswissenschaftler*innen, die eine wissenschaftliche Karriere in der Rechtswissenschaft einschlagen möchten?
Man braucht eine gewisse Überzeugung und Leidenschaft für die Wissenschaft. Wenn diese vorhanden ist, dann sollte man auch nicht zu lange zögern und überlegen, ob man diesen Weg gehen soll. Es ist wichtig, sich zu trauen und „Ja“ zur Wissenschaft zu sagen. Gerade bei Frauen beobachte ich oft, dass sie zögerlich sind. Vielleicht liegt das auch daran, dass man zu Beginn nie genau weiß, wie die wissenschaftliche Karriere verlaufen wird und dabei ist natürlich auch das Thema Familie und Kinder relevant. Aber man kann letztlich auch mit Familie viel organisieren. Das ist natürlich nicht einfach, denn dies ist mit Energie und Aufwand verbunden und bedeutet manchmal, dass man noch bis Mitternacht am Arbeiten ist. Aber wenn es einem Spaß macht, finde ich das auch nicht so schlimm. Gute Vorbilder und Mentoren sind hierbei extrem wichtig und können Nachwuchswissenschaftlerinnen dabei unterstützen, den nächsten Schritt zu gehen.
Auf was freuen Sie sich besonders hier in Erlangen?
Ich freue mich besonders auf die Lehre. Ich werde im Masterstudiengang „Human Rights“ ein Seminar zum Thema „Economic, Social and Cultural Rights“ anbieten und dann noch eine Vorlesung zum Völkerrecht. Ich finde es klasse, dass es hier einen eigenen Masterstudiengang zum Thema Menschenrechte gibt und dieser interdisziplinär ausgerichtet ist. Es wird nicht nur die juristische Seite betrachtet, sondern auch die der Politik und der Philosophie. Und ich freue mich sehr, mit den Studierenden an diesen Themen zu arbeiten. Und natürlich bin ich gespannt, die anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kennenzulernen und sich von der Forschung hier inspirieren zu lassen.
Und abgesehen von der Arbeit?
Abgesehen von der Arbeit? Ich finde Erlangen ganz toll, weil es ein bisschen wie Leiden ist – eine traditionelle Studentenstadt. Man spürt sofort, wenn man vom Bahnhof kommt, dass die Uni die Stadt prägt. Diese Atmosphäre mag ich sehr. Ich freue mich auf einen schönen Sommer in Erlangen!
Vielen herzlichen Dank für das Interview, Frau Dr. Leijten.
Am Donnerstag, den 13.6.19 hält Frau Dr. Leijten einen Vortrag zum Thema „Grundrechte und Verhältnismäßigkeit: Eine gescheiterte Ehe?“
Raum: KH 0.016
Uhrzeit: 14:00-16:00